Der Wilde Westen
Die Besiedelung Nordamerikas
Rauhe Cowboys mit großen Hüten und dem Lasso in der Hand, wüste Goldgräber, federgeschmückte Indianer mit Pfeil und Bogen auf wilden Mustangs, gewissenlose Banditen mit locker sitzendem Colt und dazu natürlich die Sheriffs - so stellen wir uns den Wilden Westen vor.
Wie aber sah die Wirklichkeit aus?
Zwischen 1800 und 1890 eroberten die Weißen den nordamerikanischen Kontinent. Sie überwanden die weite Prärie mit ihren schier endlosen Bisonherden, überstiegen die zerklüfteten Berge und tiefen Schluchten der Rocky Mountains, durchquerten die wasserlose Salzwüste und gelangten schließlich bis zum Pazifik.
Den Anfang machten Waldläufer, Forscher und Fallensteller, ihnen folgten dann Siedler aus Europa, auf der Suche nach fruchtbarem Ackerland, aus religiösen Gründen Verfolgte, Händler, Cowboys, die riesige Rinderherden durch die Prärie trieben, dazu Abenteurer und Verbrecher aus aller Herren Länder.
Zu den Verlierern dieser Zeit gehören die Indianer. Die Gier der Weißen nach Boden und Gold war nicht bezähmbar, und die Indianer kämpften verzweifelt um Ihre Heimat. Am Ende blieb den Überlebenden nach langen, oft grauenvollen Kriegen mit offenen Schlachten und heimtückischen Überfällen nur ein winziger Bruchteil ihres Heimatlandes übrig. Spanische Siedlungen entstanden zuerst in Florida und im Südwesten. Die Engländer siedelten im Süden, in der Mittleren Atlantikregion und in New England. Die Holländer, Schweden und Finnen ebenfalls am Atlantik, die Franzosen an der Golfküste und im Mississippi-Tal.
Der Vormarsch der Europäer brachte Verderben über die Indianer. Sie fielen Kriegen und Krankheiten zum Opfer, und die meisten wurden nach Westen in die Wälder und Prärien hinter den Appalachen vertrieben.
Die Deutschen zogen ins Ohio Tal und an die Großen Seen. Sie verlegten und lasen ihre eigenen Zeitungen und organisierten ihr eigenes Schulsystem. Franzosen gingen in die Mühlen New Englands. Holländische Bauern zogen nach Michigan, Iowa und Wisconsin, die Skandinavier zogen an die Oberen Großen Seen. Und alle: Engländer, Franzosen, Deutsche usw. fanden sich zusammen, um sich von England loszusagen und einen eigenen freien unabhängigen Staat zu gründen.
Die Cowboys (Die Ära von 1866-1890)
Woher stammt eigentlich der Begriff 'Cowboy'? Es hat seinen Ursprung im spanischen. Vaca heißt dort: Kuh. Und ein Mann, der Kühe hütet war ein vaquero – ein Cowman, wie ihn die Engländer nannten. Ein Vaquero trieb die Herde mit Hilfe von Pferden zusammen. Auch kannten die Europäer nicht das Hüten von Viehherden vom Pferderücken aus. Die Kolonisten, die in Neuengland an Land gingen, trieben ihre Herden zu Fuß und mit Hilfe von Hunden in ein Gehege. Wenn die Weide dort abgegrast war, trieben sie ihr Vieh auf eine andere Weide.
Lange Zeit war das Wort Cowboy auch negativ besetzt. In Texas war ein Cowboy ein Viehdieb, der den Mexikanern ihr Longhorn stahl. Aber im Laufe der Geschichte entwickelte sich aus dem Viehdieb ein Mann, der mit dem Vieh arbeitete. Auch wurde das Einzäunen des Viehs, angesichts der enormen Weiten des Landes, bald aufgegeben. Die amerikanischen Prärien dehnten sich von Texas bis zur kanadischen Grenze hin aus und in Ost-West Richtung von Kansas bis zu den Rocky Mountains. Ein riesiges Gebiet und ein idealer Platz, um das Vieh zu weiden.
Das Vieh, das waren Texas-Longhorn Rinder. Vor dem amerikanischen Sezessionskrieg war es mehr oder weniger ein regionales Geschäft, bei dem die Margen ziemlich niedrig waren. Als der Bürgerkrieg ausbrach, stieg die Nachfrage nach Rindfleisch an. Die Armeen beider Seiten waren die größten Kunden. Nachdem der Krieg beendet war, standen - so schätzt man - ca. 5 Millionen Longhorn Rinder auf den Prärien des Südens.
Die entlassenen Soldaten der Konföderierten Armeen waren in einem jämmerlichen Zustand; das ihr Geld auch nichts mehr wert war, machte die Sache für sie nicht unbedingt leichter. Aber etwas hatte Wert, nämlich das unbeaufsichtigte Vieh auf den endlosen Weiden. Hier im Süden war das Vieh pro Stück nur einige Dollar wert, aber im Norden konnte man pro Stück Vieh einen Preis von mehr als 50 Dollar erzielen. Das Problem war nur: wie schafft man die Rinder nach Norden? Die Lösung waren die Cowboys. Also tauschten sie die Uniform in eine für den Job geeignetere Kleidung um.
So trugen sie Hüte mit breiten Krempen, um sich so besser vor der sengenden Sonne zu schützen; sie trugen Überhosen, um sich so besser vor Kakteen und dornigen Büschen zu schützen und ihre Stiefelabsätze waren höher, dies verhinderte, dass ihre Füße nicht so leicht aus den Steigbügeln herausrutschen konnten. Auch gehörte ein spezieller Sattel, der Westernsattel zur Arbeitsausrüstung. Der Sattel war so konstruiert, dass er das Festbinden der Rinder am Sattel ermöglichte.
Ein Zuckerschlecken waren diese Viehtriebe jedoch nicht. Im Gegenteil: die ersten Viehtriebe waren mühsame und beschwerliche und durchaus auch gefährliche Unternehmungen. Härtestes körperliches Arbeiten wurde den Cowboys abverlangt. So mußten sie die Tiere zusammenhalten, entlaufene Tiere wieder einfangen und zur Herde zurücktreiben, sie mußten die Tiere mit einem Brandzeichen markieren, bei Verletzungen und Tiergeburten den Tierarzt ersetzen, Tag und Nacht die Herde vor Viehdieben , Indianern und Kojoten beschützen, die Herden bei einer 'Stampede' - einer wilden panischen Flucht - wieder einfangen und beruhigen. Kein ganz ungefährlicher Job. Nicht wenige kamen bei der Ausübung ihrer Arbeit ums Leben.
Da kam eines Tages Joseph McLoy aus Illinois auf die Idee, dass sich Verkäufer und Käufer doch auf halben Wege treffen könnten. So gründete er die Stadt Abilene. Es war die erste Stadt der Viehzüchter, Cowboys und Viehaufkäufer, weitere sollten noch folgen.
Die Eisenbahnen , die immer weiter nach Westen vordrangen und damit die Wege der Viehtrecks zum nächsten Schlachthaus erheblich verkürzten, moderne Errungenschaften wie Kühlhäuser und Lastwägen, aber auch eine Überproduktion an Rindfleisch, in deren Folge die Preise für Rindfleisch in den Keller rutschten, beendeten die Ära der Cowboys. Sie wurden nicht mehr gebraucht.
Eine Ära, die von 1866 bis 1890 dauerte, sie war kurz aber intensiv und sie hat sich für immer einen Platz in der amerikanischen Geschichte gesichert.
Das Wort Cowboy war auch ein Synonym für Härte, Entschlossenheit, Mut, Ausdauer, eiserner Wille, Kraft, Zähigkeit und Durchhaltevermögen - alles Eigenschaften, mit denen sich Amerikaner noch heute gerne identifizieren.